Der Mikrobrauer von Fahrenhorst

Quelle: Der Mikrobrauer von Fahrenhorst Weser Kurier, 21.8.2020

Von: Eike Wienbarg

Ulrich Knäblein aus Fahrenhorst braut in seinem Keller sein eigenes Bier und verkauft es unter anderem an ein Hotel in Weeze. Alles begann dabei mit einem Zufall.

Wer den Keller von Ulrich Knäblein in Fahrenhorst betritt, stößt zunächst auf einige Bierkisten. So weit nicht ungewöhnlich für Kellerräume. Wer dann aber einen Blick in den kleinen Raum, der ein bisschen an einen Waschkeller erinnert, riskiert, dem springen sofort die zwei großen Kessel und vier Plastiktanks ins Auge. Auf achteinhalb Quadratmetern hat Knäblein unter seinem Haus eine kleine Privatbrauerei eingerichtet. Vier Sorten stellt er dort her und beliefert sogar exklusiv ein Hotel damit.

Dabei kam Knäblein eher durch Zufall an sein doch eher ungewöhnliches Hobby. Der gelernte Diplom-Kaufmann ist seit rund 20 Jahren freiberuflich als Dozent unterwegs. In Betrieben und bei Bildungsträgern im norddeutschen Raum unterrichtet er Erwachsene und Quereinsteiger. Am Ende eines seiner Kurse lud dann ein Teilnehmer, der sein eigenes Bier braute, seine Mitstreiter und seinen Dozenten zum Probieren ein, erzählt Knäblein. „Ich war erstaunt, wie gut selbstgebrautes Bier schmecken kann“, sagt der gebürtige Oldenburger, der in den vergangenen Jahren zunächst nach Moordeich zog und nun in Fahrenhorst wohnt.

Neugierig und angespornt von der Idee informierte sich Knäblein über das Thema. In der Zeitung stieß er dann auf die Ankündigung für ein Bierbrauseminar einer kleinen Privatbrauerei in Wildeshausen. „Ich habe mich sofort angemeldet“, sagt Knäblein. Einen ganzen Tag lang beschäftigten sich die Teilnehmer dann mit der Kunst des Bierbrauens. Das war im November 2014. „Da war es um mich geschehen“, sagt Knäblein schmunzelnd.

Im Internet bestellte er sich ein eigenes Bierbrau-Set für Einsteiger. Sein erstes Bier wurde dann ein London Porter. „Das gefiel mir gut“, sagt der Mikrobrauer rückblickend. Zunächst genoss er das Bier selbst, später lud er dann auch die Nachbarn mal zum Probieren ein. „Das Bier kam gut an“, sagt der 61-Jährige. Später klingelte es dann auch öfter bei Knäblein und ein kleiner Handel entstand.
Bier ging auch schon ins Ausland

Den nächsten großen Schritt machte Knäblein dann Anfang 2016 – wiederum bei einem seiner Seminare. Ein junger Studienrat aus Herne, der sich beruflich umorientieren wollte, wurde auf das Bier von Knäblein aufmerksam. Er vermittelte den Kontakt zu den Geschäftsführern des Hotels Schloss Wissen in Weeze. Dort wurde Knäblein zu einer Verkostung seiner Biere eingeladen. Die sechsköpfige Geschäftsleitung zeigte sich nach Aussage des Fahrenhorsters begeistert von dem selbstgebrauten Bier. „Die Frage war nicht ob, sondern wie wir ins Geschäft kommen“, sagt Knäblein. „Seitdem bin ich exklusiver Hoflieferant“, erzählt er weiter. So können die Gäste dort Bier aus der Gemeinde Stuhr genießen. Durch die Nähe zum Flughafen in Weeze sei sein Bier auch schon ins Ausland gelangt, kann Knäblein über Rückmeldungen berichten.

Um den größeren Abnehmerkreis bedienen zu können, rüstete Knäblein seine Hausbrauerei auf. Mittlerweile braut er sein Bier in zwei Braukesseln à 150 und 120 Litern. Vier Tanks mit jeweils 120 Litern für seine vier verschiedenen Sorten gehören ebenso dazu wie zahlreiche Schläuche und anderer Apparaturen.

Den Brauprozess hat Ulrich Knäblein mittlerweile schon verinnerlicht. Los geht es mit dem Maischen. Dabei wird das Malz, also kurz gekeimtes Getreide, in warmes Wasser gegeben. In etwa 70 Minuten wird die im Malz enthaltenen Stärke weiter in Zucker umgewandelt, auch die gewünschten Geschmacksstoffe aus dem Malz werden dabei herausgelöst. So entsteht die sogenannte Vorderwürze, erklärt Knäblein. Anschließend wird die Vorderwürze vom Malz getrennt – das Läutern, wie es in der Fachsprache der Brauer heißt. Das zurückbleibende, feste Malz (Treber) wird abgesondert. „Das wird von einem Landwirt an Jungbullen verfüttert“, sagt Knäblein.

Die Flüssigkeit kommt dann zurück in den Braukessel. Dort wird die Vorderwürze auf 100 Grad erhitzt. Je nach Wunsch und Geschmack kommt dann der Hopfen hinzu. Die Auswahl des Hopfens bestimme in wesentlichen Teilen den späteren Geschmack des Bieres, gerade was die Bitterkeit und das Aroma betrifft, berichtet Knäblein.

Die als Anstellwürze bezeichnete Flüssigkeit kommt anschließend heruntergekühlt in den Gärtank. Dort wird die Hefe zugesetzt. Im Gärprozess entstehen durch die Aufspaltung des Zuckers Alkohol und Kohlensäure. Danach wird das Bier gelagert.

Ist das Bier soweit fertig, füllt Ulrich Knäblein es in Bügelflaschen ab. Diese hat er vorher selbst ausgewaschen. „Das ist alles Handarbeit“, sagt der engagierte Brauer. Er verzichte grundsätzlich auf Chemie. Für die Flaschen hat er ein Leergut-System eingerichtet, damit sie immer wieder zu ihm zurückkommen. Auch die Etikettierung übernimmt er händisch. „Das Bier wird nicht schlecht“, sagt der Mikrobrauer über seine eigenen Produkte. In der Flasche reife das Produkt noch nach. „Das ist das ehrlichste Bier“, findet er.

Bei all der Arbeit ist die Brauerei für Knäblein mehr als ein Hobby. „Bierbrauen ist für mich ein meditativer Prozess“, sagt er. Er arbeite den ganzen Tag konzentriert, aber es gebe keine „Belastungsspitzen“, da alles gut planbar sei, erläutert der 61-Jährige. „Ich gehe mit einem tollen Gefühl aus einem Brautag raus“, berichtet Knäblein.

Seine Zutaten wie Hopfen und Hefe bezieht der Privatbrauer im Internet, das Malz komme direkt vom Erzeuger, sagt er. Das Wasser ist normales Trinkwasser. Mit einem Härtegrad von eins eigne sich das Wasser aus der Syker Vorgeest „super“ für den Brauprozess, sagt Knäblein.

Immer wieder tüftelt Knäblein auch an der Art seiner Biere. Derzeit hat er vier Sorten im Angebot. Das ursprüngliche London Porter, das am Anfang „kräftige“ Bier, das zumeist nur der Generation 65 plus schmeckte, wie Knäblein sagt, hat er ein wenig „leichter“ gemacht. Es passe am besten zu Gegrilltem, empfiehlt er. Sein Kellerbier habe eine „schöne, leichte Malznote“, sein Pale Ale eigne sich hervorragend zu asiatischen Gerichten. „Pale Ale ist das Flaggschiff der Craft-Bier-Szene“, weiß Knäblein zu berichten. Sein Landbier erinnere ein wenig an Zitrone, so Knäblein, der aber betont, dass er keine Zusatzstoffe verwendet.

Ob er ein Bier weiter braut oder nicht, entscheidet der Tüftler nach Geschmack. „Meine Frau ist die kritischste Testerin“, sagt er schmunzelnd. Er selbst sei aber auch „nie so ganz zufrieden“. Deshalb arbeite er immer weiter an den Bieren. Trinkt er denn selbst überhaupt noch andere Biere als seine eigenen? Ja, sagt Knäblein, manchmal trinke er auch ein normales Pils. Seine Kreationen seien eher etwas für den Genuss.

Um das Bier verkaufen zu können, hat Knäblein ein Gewerbe angemeldet. Als Namen wählte er „Braugut Stuhr“. Die Anlagen in seinem Keller sind alle lebensmitteltechnisch zugelassen und abgenommen. Außerdem unterliegen sie der Kontrolle der Lebensmittelbehörde, die regelmäßig alles überprüfe, erzählt er.

Wie es mit seiner kleinen Brauerei weitergeht, weiß Ulrich Knäblein noch nicht genau. Zunächst möchte er jetzt einen Online-Shop in Angriff nehmen, sagt er. Auch könne er sich Bier-Tastings mit begleitendem Essen vorstellen.
Eine Ausweitung seiner Gerätschaften und der Tätigkeit hat er indes noch nicht beschlossen. „Ich zögere noch, meine Dozententätigkeit aufzugeben“, sagt Knäblein. Auch ein möglicher 200-Liter-Kessel steht noch in den Sternen.